Auf der Flucht

(frei nach einer Andacht aus dem Buch von Axel Kühner

„Überlebensgeschichten für jeden Tag“)


 Es regierte einmal in Chinesien

ein Kaiser, freundlich und gelind.

Sein Gärtner pflegte früh die Fresien

die in des Kaisers Garten sind.

 

Dort blickt er fröhlich auf die Hecken

die zahlreich in dem Garten stehen

doch zu seinem großen Schrecken

sieht er den Tod vorüber gehen.

 

Der wendet zu ihm seinen Schädel

und spricht: Mit dir ist es vorbei!

Gehe hin und sage deinem Mädel:

Ich hole dich heut Nacht um zwei.

 

Das erzählt der Mann seinem Gebieter

und fleht ihn auf den Knien an:

Schenk mir doch meine Freiheit wieder,

damit ich jetzt gleich fliehen kann.

 

Der Kaiser, großzügig und gut

gibt dem Diener seinen Rappen

und sagt zu ihm: Habe nur Mut,

mit diesem Pferde wird es klappen.

 

Erreiche damit in der Ferne

mein sicheres und festes Haus.

Ich entlasse dich jetzt gerne,

sonst ist’s mit deinem Leben aus.

 

Der Gärtner gleich in wilder Flucht

reitet eilig mit dem Rappen,

weil er verzweifelt Rettung sucht,

um noch nicht ins Grab zu tappen.

 

Der Kaiser noch im Garten geht

um zum Schlosse zu gelangen,

als der Tod erneut da steht

und sie ein Gespräch anfangen.

 

"Warum erschreckst du in dem Garten

meinen treuen, guten Knecht?

Konntest du damit nicht warten?

Mir ist das Ganze gar nicht recht!"

 

So spricht der Kaiser zu dem Tod

und blickt ihn energisch an:

"Die Sache hat doch keine Not,

hol dir mal einen andren Mann."

 

Da verneigt sich tief der Tod

und erklärt jetzt dem Regenten:

"Der Herr des Himmels mir gebot,

des Gärtners Leben bald zu enden.

 

Doch deinen Diener, guter Herr,

zu treffen in dem Blumengarten

das erstaunte mich doch sehr,

denn hier werde ich nicht warten.

 

Zu deinem Haus dort in der Ferne

bin ich nämlich hinbeordert

und dort träfe ich dann gerne

den dessen Leben eingefordert.

 

So werd' ich jetzt von dannen gehen

um meinen Auftrag zu erfüllen,

denn ganz sicher wird geschehen

auch heute wieder Gottes Willen."

 

Der Bote in die Richtung zeigt

in die der Gärtner erst gehetzt.

Nun ist's der Kaiser, der sich neigt,

denn er ist überaus entsetzt.

 

Der Gärtner will dem Schicksal fliehen

und er reitet ganz verwegen.

Doch trotz energischem Bemühen

eilt er nur seinem Tod entgegen.

 

© Martin Volpert, 2001

 

 

Denn so spricht GOTT, der Herr, der Heilige Israels: Durch Umkehr und Ruhe könntet ihr gerettet werden, im Stillesein und im Vertrauen läge eure Stärke. Aber ihr habt nicht gewollt, sondern ihr sagt: »Nein, wir wollen auf Rossen dahinfliegen!« - darum werdet ihr auch dahinfliehen; »Wir wollen schnell davonreiten!«  -  darum  werden  eure  Verfolger noch schneller sein!

Jes. 30,15.16