Ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und zuletzt wird er sich über den Staub erheben. Und nachdem diese meine Hülle zerbrochen ist, dann werde ich, von meinem Fleisch los, Gott schauen; ja, ich selbst werde ihn schauen, und meine Augen werden ihn sehen, ohne ihm fremd zu sein. Danach sehnt sich mein Herz in mir!
Hiob 19, 25-27
Wie wird uns sein
Wie wird uns sein, wenn endlich nach dem schweren,
doch nach dem letzten, ausgekämpften Streit
wir aus der Fremde in die Heimat kehren
und einziehn in das Tor der Ewigkeit!
Wenn wir den letzten Staub von unsern Füßen,
den letzten Schweiß vom Angesicht gewischt
und in der Nähe sehen und begrüßen,
was oft den Mut im Pilgertal erfrischt!
Wie wird uns sein, wenn wir vom hellen Strahle
des ewgen Lichtes übergossen stehn
und — o der Wonne! — dann zum ersten Male
uns unberührt von aller Sünde sehn!
Wenn wir, durch keinen Makel ausgeschlossen
und nicht zurück gescheucht von Schuld und Pein,
als Himmelsbürger, Gottes Hausgenossen,
eintreten dürfen in der Selgen Reihn!
Wie wird uns sein, wenn nun dem Liebeszuge
zu Dem, Der uns den Himmel aufgetan,
mit ungehaltnem, sehnsuchtsvollem Fluge
die freigewordne Seele folgen kann!
Wenn nun vom Aug des Glaubens lichte Hülle
wie Nebel vor der Morgensonne fällt,
und wir den Sohn in Seiner Gottesfülle
erblicken auf dem Thron als Herrn der Welt!
Wie wird uns sein, wenn wir Ihn hören rufen:
Kommt, ihr Gesegneten! Wenn wir im Licht,
dastehend an des Gottesthrones Stufen,
Ihm schauen in Sein gnädig Angesicht;
die Augen sehn, die einst von Tränen flossen,
um Menschennot und Herzenshärtigkeit,
die Wunden, die das teure Blut vergossen,
das uns vom ewgen Tode hat befreit!
Wie wird uns sein! O was kein Aug gesehen,
kein Ohr gehört, kein Menschensinn empfand,
das wird uns werden, wird an uns geschehen,
wenn wir hineinziehn ins gelobte Land!
Wohlan, den steilen Pfad hinangeklommen!
Es ist der Mühe und des Schweißes wert,
dahin zu eilen und da anzukommen,
wo mehr als wir verstehn der Herr beschert.
Ph. Spitta